Bauen wie im Mittelalter

Burg Eltz, eine der wenigen deutschen Burgen, die nie erobert oder verwüstet wurden

Manchmal glaubt man, unsere Zeit denke nur an das Hier und Jetzt und habe keinen Sinn für Geschichte. Wie falsch diese Vorstellung ist, zeigt unter anderem der seit Jahrzehnten ungebrochene Mittelalter-Boom – auch wenn hier ein gut Teil Nostalgie und falsche Mittelalter-Romantik mitschwingt. Die Burgen jedenfalls, die wir so bewundern, sind in der jetzigen Form meist erst im 19. Jahrhundert entstanden, und auch die meisten Ritterromane wurden geschrieben, als das Zeitalter der Ritter längst vergangen war.

Und dennoch trifft man bisweilen auf Vorhaben, die an mittelalterliche Großprojekte erinnern – an Zeiten also, wo der Bau einer Kathedrale mehr als ein Jahrhundert dauerte und keiner der ersten Baumeister ihre Vollendung erlebte. In Frankreich zum Beispiel, und zwar in Guédelon im Burgund, ist seit einigen Jahren eine neue Burg im Bau. Der Clou: Sie soll nicht nur aussehen wie eine Burg im 13. Jahrhundert, sondern wird auch mit den Methoden des 13. Jahrhunderts gebaut – also ohne Verwendung moderner Baustoffe und Materialien. Denn dieses Projekt zählt zu einer inzwischen immer bedeutenderen Richtung der modernen Archäologie: der „Experimentellen Archäologie“. Sie erforscht im praktischen Experiment, wie Steinzeitmenschen einst scharfe Steinklingen erzeugten, wie die Römer Werkzeuge schmiedeten und eben wie mittelalterliche Baumeister, Steinmetze, Schmiede und andere Handwerker Kathedralen und Klöster erbaute. Denn über den damaligen Alltag und die Methoden der Handwerker wissen wir wenig.

Ein ähnliches Projekt ist jetzt in der Nähe von Messkirch in Baden-Württemberg geplant. ab 2013 soll hier eine Klosterstadt nach einem Plan aus dem 9. Jahrhundert entstehen. Bauende: wohl erst um 2050. Aber auch hier geht es weniger um das fertige Bauwerk als um den Bau. Zwar rechnet man mit Einnahmen von Besuchern während des Baus und auch nach Fertigstellung – wohl zu Recht, wie das rege touristische Interesse in Frankreich beweisrt. Aber der Sinn ist auch hier, den Methoden und Tricks der mittelalterlichen Baumeister auf die Spur zukommen. Das Interesse selbst von freiwilligen Helfern jedenfalls ist schon jetzt groß.

Ein interessanter Artikel dazu ist auch hier zu lesen.