Spinnen-Musik

Manche Naturmaterialien sind immer noch weit besser als als die entsprechenden vom Menschen hergestellten Produkte. Das gilt auch für Spinnenseide. Ein Spinnenfaden ist bei gleichem Gewicht viermal fester als ein entsprechender Stahlfaden und lässt sich zudem, ohne zu reißen, auf die dreifache Länge dehnen. Er ist elastisch, wasserfest und dennoch unglaublich stabil: Ein Spinnenfaden, der 70mal dünner ist als ein Menschenhaar, reißt erst bei einer Länge von 80 Kilometern unter seinem eigenen Gewicht. Bakterien und Pilze können ihn nicht angreifen, die Spinne selbst aber vermag ihn wiederzuverwerten. Diese Festigkeit ist auch nötig – das Netz darf ja nicht zerreißen, wenn ein etwas größeres Insekt hineinsaust.

Erzeugt wird der Spinnfaden von den Spinndüsen am Hinterleib. Dort enden meist sechs Spinnwarzen mit bis zu 50 000 Einzelröhrchen, die Fäden mit der jeweils gewünschten Eigenschaft erzeugen – etwa Kokonfäden, besonders reißfeste Haltefäden, besonders elastische Fäden für die Netzachsen, feinste Seide zum Umwickeln der Beute, Klebefäden zum Festhalten der Beutetiere im Netz.

Eigentlich sind Spinnenfäden für unsere Augen unsichtbar – und erst recht natürlich für Beutetiere. Wir erkennen sie nur, wenn sie Licht reflektieren oder streuen oder wenn feinste Tautropfen ihre Linien nachzeichnen.  Aus etwa 10 Zentimetern Abstand können wir noch Objekte erkennen, die etwa 25 Mikrometer groß sind – ein Mikrometer entspricht einem tausendstel Millimeter. Fäden im Netz etwa der Kreuzspinne aber sind nur 0,15 Mikrometer dick – wir müssten sie 160fach vergrößern, um sie direkt sehen zu können.

Fangnetz einer Baldachinspinne, durch Tau sichtbar geworden

Der Bau des raumgreifenden Radnetzes ist eine bemerkenswerte Leistung für ein so kleines Tier. Diese Kenntnis ist allerdings angeboren – die Spinnen müssen weder lernen noch üben.

Die Radnetze können erstaunliche Ausmaße erreichen. Die in Afrika und Madagaskar lebende Art Nephila komaci gilt als größte netzbauende Spinne der Erde; die Weibchen erreichen eine Körpergröße von 4 Zentimetern und laufen auf bis zu 12 Zentimeter langen Beinen. Ihr Netz kann mehr als ein Meter Durchmesser erreichen. Eine australische Verwandte fängt mit ihrem Netz sogar kleine Vögel.

Die besonderen Eigenschaften der Spinnenseide hat jetzt ein japanischer Forscher demonstriert: Er fertigte in mühsamer Arbeit Geigensaiten daraus. Hier der entsprechende Link mit einem Video.