Planeten in Menge


Künstlerische Darstellung des Sonnenuntergangs auf einer "Supererde" (Gliese 667 Cc). Bildnachweis: ESO/L. Calcada

Ich kann mich noch gut an die Diskussionen vor Jahren erinnern, bei denen es um die Möglichkeit extraterrestrischen Lebens ging, und ich hab dazu neben diversen Artikeln auch eine Rundfunksendung geschrieben. Eines der Bedenken mancher Forscher war dabei, ob es denn überhaupt eine genügend große Zahl an Planeten um andere Sonnen gäbe oder ob vielleicht unser Planetensystem ziemlich einzigartig sei. Selten hat die Natur bzw. die weitere Forschung solche Bedenken derart gründlich widerlegt.

Das begann bereits in den 1980er-Jahren, als man erste außersolare Planeten (Exoplaneten) entdeckte, wenn sie auch noch nicht gleich als solche erkannt wurden. Erstmals einwandfrei nachgewiesen wurden Exoplaneten 1992, und seither ist ihre Zahl dank verbesserter Messverfahren und Forschungssatelliten wie Corot und Kepler auf fast 700 gestiegen – weit mehr als um unsere Sonne kreisen. Die meisten sind freilich Riesenplaneten und wohl kaum geeignet für Leben (aber vielleicht ihre Monde?), und ihre Untersuchung hat bereits einige altehrwürdige Theorien zur Bildung von Planetensystemen ins Wanken gebracht.

Doch das ist noch gar nichts. Die Europäische Südsternwarte ESO betreibt in der chilenischen Wüste ein 3,6 Meter-Teleskop und hat dort den Spektrografen HARPS drangehängt. Dieses Gerät untersucht mit extremer Empfindlichkeit das Licht ferner Sterne  und kann zum Beispiel anhand von kurzzeitigen Veränderungen dieses Lichts Planeten orten.

In den letzten sechs Jahren nun nahmen die Forscher 102 sogenannte rote Zwergsterne genauer unter die Lupe. So nennen die Astronomen Sonnen, die etwas kleiner, kühler und deutlich langlebiger als unsere Sonne sind. Sie sind weit häufiger als Sterne wie unsere Sonne – sie sind sogar in unserer Milchstraße der mit 80 Prozent weitaus häufigste Typ. Wahrscheinlich gibt es davon etwa 160 Milliarden!

Es zeigte sich nun, dass immerhin neun dieser 102 beobachteten roten Zwerge von sogenannten Supererden umkreist werden – das sind Felsplaneten von einer bis zehn Erdgrößen, also keine Gasriesen wie Jupiter und Saturn. Zwei dieser Supererden umrundeten ihren Stern dabei in dessen „habitabler Zone“ – so nennt man die Entfernung vom Stern, bei der die Temperaturen auf einem Planeten weder zu heiß noch zu kalt sind, sondern so, dass es flüssiges Wasser geben kann. Solche Planeten sind also gute Kandidaten für außerirdisches Leben.

Im nächsten Schritt haben die Forscher hochgerechnet und schätzen, dass im Durchschnitt 41 Prozent der roten Zwerge Supererden in der habitablen Zone besitzen (allerdings mit einer Unsicherheit zwischen 28 und 95 Prozent). Mit anderen Worten – es gibt eine ungeheure Zahl davon, selbst bei pessimistischer Schätzung über 40 Milliarden! Sogar in Sonnennähe sollte es danach etwa 100 Supererden in einer Entfernung bis zu 30 Lichtjahren geben.

Ob diese Planeten tatsächlich Leben tragen, wissen wir natürlich nicht. Die Wahrscheinlichkeit höheren und gar intelligenten Lebens ist natürlich sowieso gering, aber Mikroorganismen wären denkbar (wenn auch aus der Ferne schwer nachzuweisen). Zwar sind rote Zwerge ziemlich unruhige „Geister“ – sie senden bisweilen starke Stöße von ultravioletter und Röntgenstrahlung aus. Aber es ist gut denkbar, dass das Leben zumindest auf einigen Planeten aus dieser gigantischen Zahl Mittel gefunden hat, unter solchen Umständen zu überleben – etwa unter Abschirmungen oder im tiefen Ozean. So gibt es selbst auf der Erde Bakterien, die das tausendfache an Radioaktivität aushalten wie andere Lebewesen, oder solche, die in heißen Salzlösungen oder Säuren gedeihen. Und zudem ist unsere Lufthülle von einem Gas erfüllt, das einst als Giftgas nahezu alle Lebewesen der jungen Erde auslöschte, nachdem es sich als Ausscheidung bestimmter Lebewesen dort angereichert hatte und die Bindekapazitäten der Erdkruste dafür erschöpft waren. Nur ganz wenige Lebewesen, die Anaerobier, haben dennoch diesem heute nahezu allgegenwärtigen Gas entkommen können und in verborgenen Winkeln überlebt – sogar in Teilen des menschlichen Darms.

Doch die weitaus größte Zahl aller heutigen Lebewesen hat sich mit diesem Giftgas arrangiert. Sie nutzen es sogar zur Energiegewinnung und sind inzwischen daher geradezu darauf angewiesen. Sie werden es erraten haben: Ich spreche vom Sauerstoff, unser aller Atemgas.